TDF vs TAF in der ART – Aktualisierte Meta-Analyse zu Wirksamkeit & Sicherheitsprofilen

Tenofovir-Disoproxilfumarat und Emtricitabin (TDF/FTC) sind häufig der Backbone der antiretroviralen Therapie (ART) bei der Behandlung und Prävention von HIV und Hepatitis B.1 Nephrotoxizität und eine verminderte Knochenmineraldichte wurden als unerwünschte Wirkungen im Zusammenhang mit TDF beschrieben.2
Bei der Meta-Analyse von Pilkington et al.1 handelt es sich um eine Aktualisierung einer früheren systematischen Untersuchung, welche die beiden Prodrugs Tenofovir-Alafenamide (TAF) und TDF vergleicht.3 Ziel der Meta-Analyse von Pilkington et al. war es, eine aktualisierte Zusammenfassung aller bestehenden Vergleiche zu Wirksamkeit und Sicherheitsaspekten von TDF und TAF mit und ohne Booster vorzunehmen.1
Alle inkludierten Studien sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Die Literaturrecherche für die ursprüngliche Meta-Analyse von Hill et al. ergab 253 Datensätze. Einschlusskriterien waren ein randomisiertes, kontrolliertes Studiendesign (RCT, randomized controlled trial) mit einer Behandlung von TDF- oder TAF-basierten Regimen von mindestens 24 Wochen. Beobachtungsstudien und Studien mit Dosisanpassung wurden ausgeschlossen. Nach Anwendung dieser Ein- und Ausschlusskriterien konnten 11 geeignete RCTs zum Vergleich von TDF und TAF identifiziert werden.3
Diese 11 Studien wurden durch drei weitere Studien (ADVANCE, AMBER, DISCOVER) erweitert, die 6.814 neue Patient:innen mit 11.262 Patienten-Nachbeobachtungsjahren (patient-years of follow-up, PYFU) enthielten. Aus drei zuvor eingeschlossenen Studien wurden neue Nachbeobachtungsdaten aufgenommen.
Insgesamt wurden somit 14 Studien mit Daten von 14.894 Patient:innen inkludiert. Das entspricht einer Gesamtzahl von 23.723 PYFU. 6.743 Patient:innen erhielten TDF und 8.151 Patient:innen erhielten TAF. An den 8 Studien, die geboostete Schemata untersuchten, nahmen insgesamt 6.032 Patient:innen teil, an den 6 Studien ohne Booster 8.862 Patient:innen.

Aus den eingeschlossenen Studien wurden Daten zu Wirksamkeit und Sicherheitsprofilen extrahiert.
Die Autor:innen definierten Wirksamkeit als jene Zahl der Patient:innen, die HIV-RNA-Level von weniger als 50 Kopien/ml (log Kopien/ml) erreichten. Die Wirksamkeit für den TDF-TAF Vergleich wurde nur bei HIV-Infizierten analysiert und bei anderen Virusinfektionen wie Hepatitis ausgeschlossen.
Die Analyse der Sicherheitsprofile bewertete das Gesamtrisiko unerwünschter Ereignisse anhand aller unerwünschten Ereignisse der Grade 1-4 (Gr1-4AE) und der Grade 3-4 (Gr3-4AE), schwerwiegender unerwünschter Ereignisse (SAE), Laboranomalien der Grade 3 oder 4 und Todesfälle (jeglicher Ursache). Gr3 + 4 AE wurden als schwerwiegend oder lebensbedrohlich eingestuft.
Weiterhin untersuchte die Analyse Nebenwirkungen auf Knochen und Nieren. Ossäre Auswirkungen wurden anhand von Studienabbrüchen aufgrund von Knochentoxizität und Knochenbrüche (als relevante Marker für Veränderungen der Knochenmineraldichte) bewertet. Als Marker für Nierentoxizität dienten “unerwünschte Nierenereignisse” (alle unerwünschten Ereignisse, die von Studienleiter:innen als Hinweis auf eine Nierenfunktionsstörung oder im Zusammenhang damit gemeldet wurden) und “Studienabbrüche aufgrund von unerwünschten Nierenereignissen”. Diese ergaben die kumulativen Inzidenzraten für alle Arten von Nierenereignissen.
In Tabelle 2 sind die Studienergebnisse zu Wirksamkeit und Sicherheitsprofilen von TAF vs TDF – in boosted und unboosted Regimen – zusammengefasst.
Background
- 14 Klinische Studien verglichen TDF und TAF
- Wirksamkeit gemessen an der viralen Suppression (HIV-1 RNA < 50 Kopien/ml in Woche 48)
- Zu den Sicherheitsendpunkte gehörten alle AE’s, serious AE’s, Grades 3-4 AE’s und AE’s, die zum Abbruch führten.
- Spezifische Knochen- und Nierenmarker wurden untersucht.
Ergebnisse zum Sicherheitsaspekt
- Keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen unboosted TAF und TDF bei analysierten Sicherheitsendpunkten.
- Bei den untersuchten Knochenmarkern und den Frakturen wurden keine Unterschiede festgestellt.
- Kein Unterschied bei renalen tubulären Ereignissen.
- Unterschied im Abbruchsrisiko aufgrund von unerwünschten Ereignissen in den Nieren bei geboosteten (p = 0,03), aber nicht bei nicht-geboosteten Regimen.

Virale Suppression = HIV-1 RNA weniger als 50 Kopien/ml nach 48 Wochen.
Abkürzungen: AE, adverse events; CI, confidence interval; D/C, discontinuations; Gr, grade; SAE, serious adverse events.
Wirksamkeit:
- Beim Vergleich von geboosteten Regimen (TDF vs TAF) wurde eine signifikant höhere Rate der viralen Suppression unter TAF im Vergleich zu TDF festgestellt (p = 0,0004), wobei ein Unterschied von 2 % (CI 1-4 %) zwischen den Studienarmen bestand.
- Es wurde kein statistischer Unterschied in den HIV-RNA-Suppressionsraten zwischen ungeboosteten Regimen (TDF vs TAF) festgestellt (p = 0,40).
Sicherheitsprofile:
- Unerwünschte Ereignisse:
- Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen TAF und TDF bei Gr1-4AE, Gr3-4AE, SAE, Laboranomalien der Grade 3-4 oder Todesfällen, weder in geboosteten noch ungeboosteten Untergruppen.
- Knochen-Parameter:
- Die Ergebnisse zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen TAF und TDF bei den bewerteten Knochenparametern, Frakturen und relevanten Abbrüchen.
- Nieren-Parameter:
- Es wurde kein Unterschied zwischen boosted als auch unboosted TAF und TDF bei renalen tubulären Ereignissen festgestellt.
- Eine kleine, aber signifikant (p=0,03) höhere Anzahl von Abbrüchen aufgrund von unerwünschten Nierenereignissen trat beim geboosteten Regime auf. Dieser Unterschied zeigte sich nicht bei der Untergruppe mit ungeboostetem Regime.
Die Ergebnisse dieser Meta-Analyse stimmen mit früheren Erkenntnissen überein, dass die Wirksamkeit und Sicherheitsprofile von TAF und TDF ähnlich sind.3 Die einzigen signifikanten Unterschiede waren bei geboosteten TDF Regimen zu beobachten. Die Studie berücksichtigt allerdings keine umfassenderen Sicherheitsendpunkte, wie beispielsweise mögliche kardiovaskuläre Auswirkungen von TAF im Vergleich zu TDF.
Abkürzungen
TDF: Tenofovir-Disoproxilfumarat, FTC: Emtricitabin, TAF: Tenofovir-Alafenamid, ART: Antiretrovirale Therapie, RCT: randomisierte kontrollierte Studie (randomized controlled trial), PYFU: Patienten-Nachbeobachtungsjahre (patient-years of follow-up), Gr1-4AE: unerwünschte Ereignisse der Grade 1-4, Gr3-4AE: unerwünsche Ereignisse der Grade 3-4, SAE: schwerwiegende unerwünschte Ereignisse.
Referenzen
1. Pilkington, V. et al. Tenofovir alafenamide vs. tenofovir disoproxil fumarate: an updated meta-analysis of 14 894 patients across 14 trials. AIDS Lond. Engl. 34, 2259–2268 (2020). 2. Swissmedic. Fachinformation Viread, Stand Oktober 2022. 3. Hill, A., Hughes, S. L., Gotham, D. & Pozniak, A. L. Tenofovir alafenamide versus tenofovir disoproxil fumarate: is there a true difference in efficacy and safety? J. Virus Erad. 4, 72–79 (2018).
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