Stellt HIV-Selbst-Stigma ein Hindernis für die Kontaktaufnahme mit Gesundheitseinrichtungen dar?

Das HIV-Selbst-Stigma beeinträchtigt bekanntlich die ART-Treue, weitere Auswirkungen auf u.a. die Einhaltung von HIV-Pflegeterminen sowie auf die mentale Gesundheit (u.a. depressiver Symptome) wurden untersucht.1
Zur Beantwortung dieser Frage wurden 196 Patient:innen (124/72 Männer/Frauen; 72 weiße und 124 schwarze Menschen unter ART) interviewt. Die Studiengruppe nahm zwischen März 2013 bis Januar 2015 an einer weiteren Studie zu psychosozialen Faktoren und deren Einfluss auf HIVErgebnissen teil. Zur Bestimmung der Therapietreue wurde das klinische Tagebuch ausgewertet.1
Verinnerlichte HIV-bezogene Stigmatisierung
Zur Bewertung wurde die überarbeitete HIV-Stigma- Skala verwendet.1,2
Schweregrad der depressiven Symptomatik
Der Patient Health Questionnaire (PHQ)-9 besteht aus 9 Fragestellungen, wie zum Beispiel: “Wie oft wurden Sie in den letzten 2 Wochen von einem der folgenden Probleme geplagt?”
Die Bewertung erfolgt mittels einer Skala von 0 (überhaupt nicht) bis 3 (fast jeden Tag). Zusätzlich gaben die Teilnehmer:innen an, welche Auswirkungen depressive Episoden auf ihren Alltag haben.1,3
ART-Adhärenz
Die ART-Adhärenz wurde mit einer Einzelfrage nach Lu et al. bestimmt.1,4
Einhaltung von HIV-Besuchen
Dazu wurden Daten über 24 Monate gesammelt. Einhaltung der HIV-Besuche = Gesamtzahl der geplanten Besuche – wahrgenommene Besuche.1
Wie in Abbildung 1 dargestellt, verringert das HIV-Selbst-Stigma die Motivation zur Teilnahme an medizinischen Interventionen und führt langfristig zu einer geringeren ART-Adhärenz (p < 0,01).1

Abbildung 1 Illustration über den Einfluss der Besuchsadhärenz und das HIV-Selbst-Stigma auf die Therapietreue (adaptiert nach Rice, W. S. et al, 2017).
Weitere Faktoren, die zusammen mit HIV-Selbstsigma die Besuchsadhärenz beeinflussen:
- depressive Symptome (p = 0,04)
- Herkunft/Rasse: schwarze PLWH (p < 0,01)
- vermehrt Männer – jedoch unter Vorbehalt, da eine geringere Stichprobengröße bei Frauen vorlag.
Die vorliegende Studie unterstreicht die Wichtigkeit einer einfach zugänglichen medizinischen Versorgung, um nachhaltig die ART-Effizienz zu steigern.1
Abkürzungen
ART: Antiretrovirale Therapie, PHQ: Patient Health Questionnaire; PLWH: People living with HIV.
Referenz
- Rice, W. S. et al. Association Between Internalized HIV-Related Stigma and HIV Care Visit Adherence. J Acquir Immune Defic Syndr 76, 482–487 (2017)
- Bunn, J. Y. et al. Measurement of stigma in people with HIV: a reexamination of the HIV Stigma Scale. AIDS Educ Prev 19, 198–208 (2007)
- Kroenke, K. et al. The PHQ-9: Validity of a brief depression severity measure. J Gen Intern Med 16, 606–613 (2001)
- Lu, M. et al. Optimal recall period and response task for self-reported HIV medication adherence. AIDS Behav 12, 86–94 (2008).
Kopien der Studienpublikationen können bei Bedarf unter dpoc.switzerland@msd.com angefordert werden.
Konsultieren Sie bitte vor einer Verschreibung die vollständige Fachinformation publiziert auf www.swissmedicinfo.ch.