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«20 Sekunden können Leben retten»
Früherkennung von Kopf-Hals-Tumoren

Kopf-Hals-Tumoren werden oft erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt, obwohl eine frühzeitige Diagnose die Heilungschancen erheblich verbessern kann. Eine kurze, systematische Untersuchung des Mund- und Halsbereichs kann dazu beitragen, verdächtige Veränderungen frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig weitere diagnostische Schritte einzuleiten. Die Kampagne «20 Sekunden können Leben retten» möchte das Bewusstsein für Kopf-Hals-Tumore erhöhen und zeigen, wie mit geringem Zeitaufwand ein entscheidender Beitrag zur Früherkennung geleistet werden kann.1, 2

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Inhalt:

  1. Mögliche Symptome eines Kopf-Hals-Tumors
  2. Die Untersuchung: 5 Schritte in 20 Sekunden
  3. Nächste Schritte bei auffälligem Befund
  4. Risikofaktoren für Kopf-Hals-Tumore
  5. Experten der Kampagne

1. Mögliche Symptome eines Kopf-Hals-Tumors

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Sichtbare Veränderungen

  • Wunde Stelle in der Mundhöhle (Ulcus), die auch nach zwei Wochen nicht abheilt
  • Weissliche, nicht abwischbare Stellen im Mund
  • Nicht heilende Extraktionswunden
  • Leicht blutende Wunden in der Mundhöhle
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Beschwerden, die seit mindestens 2 Wochen andauern

  • Beschwerden beim Schlucken
  • Schmerzen beim Sprechen
  • Schmerzen, die ins Ohr ausstrahlen
  • Fremdkörpergefühl oder Klossgefühl im Bereich der Zunge oder des Mundbodens
  • Schluckbeschwerden Husten, auch mit Blutauswurf
  • Heiserkeit
  • Kratzender Hals oder Halsschmerzen
  • Länger bestehender Mundgeruch
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Tastbare Veränderungen

  • Knotige Verhärtungen im Bereich der Mundhöhle
  • Knoten am Hals
  • Schleimhautschwellungen oder submucöse Raumforderungen

2. Die Untersuchung – 5 Schritte in 20 Sekunden

Eine Untersuchung des Mund- und Halsbereichs kann schnell und effizient durchgeführt werden. Die Anleitung dazu können Sie in im folgenden Video ansehen oder in der kompakten Zusammenfassung nachlesen.

«Anleitung zur Untersuchung des Mund-Halsbereiches»

Mouth
  1. Inspektion der Kieferaussen- und der Wangeninnenseite. Die Wange wird abgehalten und die Schleimhaut an Kiefer und Wange untersucht. Spiegel oder Spatel auch versetzen, um die gesamte Schleimhaut einsehen zu können. Ebenso werden die Zähne inspiziert.
  2. Mund weit öffnen lassen und den Oberkiefer gaumenseitig bspw. von rechts nach links untersuchen. Hierbei auf Veränderungen an der Gaumenschleimhaut und am Gaumensegel achten.
  3. Abschliessend erfolgt ein Blick in den Rachen und die Mandelregion. Der Einblick kann mit sanftem Druck auf den Zungenrücken erleichtert werden.
  4. Nun die Zunge herausstrecken lassen (ggf. mit Kompresse greifen). Ein besonderes Augenmerk auf den Zungenrücken sowie die Seiten- und Unterflächen richten.
  5. Besonders wichtig sind die Flächen, die sich unter der Zunge befinden (Mundboden). Da hier besonders oft Tumore entstehen. Für die Untersuchung drückt man die Zunge vorsichtig zur Gegenseite.

Auffällige Befunde immer abtasten und fotografieren (Verlaufsbeurteilung)

Berichten Patient:innen von Raumforderungen am Hals oder haben Sie einen dringenden Tumorverdacht, kann das Abtasten des Halses hilfreich sein.

Gehen Sie dabei folgendermassen vor:

1.
Setzen Sie die Patientin/den Patienten aufrecht hin und neigen Sie den Kopf leicht nach vorne. Dadurch entspannt sich der Hals und Veränderungen können leichter getastet werden.

Illustration of correct head and neck posture

2.
Begonnen wird in der Region unter dem Unterkiefer. Hier kann manchmal eine natürliche Wölbung getastet werden (Gl. submandibularis).

Human head with thyroid gland highlighted

3.
Danach am M. sternocleidomastoideus (Vorderkante) nach kaudal tasten, bis das Schlüsselbein erreicht wird. Metastasen sind häufiger im oberen Anteil.

Human head with the front of the neck highlighted

4.
Abschliessend den Bereich hinter dem M. sternocleidomastoideus palpieren.

Human head with the neck region highlighted
20 seconds can save lives test broshure

Praxisbeispiele von auffälligen Befunden sehen Sie in der Infobroschüre «20 Sekunden können Leben retten».

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Wichtig!

Veranlassen Sie bitte umgehend eine weiterführende Diagnostik (z. B. eine Biopsie), wenn Sie die in der Broschüre gelisteten Auffälligkeiten bemerken oder wenn Ihnen die Patientin/der Patient von einem der aufgelisteten Symptome berichtet.2, 4

3. Nächste Schritte bei auffälligem Befund

Als Ärztin/Arzt sollten Sie keine Scheu haben, Patient:innen mit Veränderungen, die sie nicht sicher einschätzen können, zu einem Facharzt (MKG-Chirurg oder HNO-Ärztin/Arzt) zu überweisen. Die Devise lautet dabei: lieber zu oft überweisen als einmal zu wenig.

Wenn Sie eine Läsion selbst einschätzen können, empfiehlt sich folgendes strukturiertes Vorgehen:

  1. Die Läsion ist sicher bösartig:
    Überweisung an ein Kopf-Hals-Tumorzentrum mit guter Expertise in Resektion und Rekonstruktion.3
  2. Die Läsion ist fraglich bösartig:
    Ausschaltung möglicher Ursachen wie scharfe Zahnkanten, antimykotische Therapie, Prothesenkarenz o.ä. und Kontrolle nach etwa 14 Tagen.3 Sollte die Läsion innerhalb dieser zwei Wochen keine eindeutige Regredienz zeigen, sollte eine Diagnose über eine Biopsie erfolgen.3 Bei stärkerem Verdacht kann auch direkt eine Biopsie entnommen werden.3
  3. Die Läsion ist gutartig:
    Dann sollte sie beobachtet werden, da bis zu 8 % der oralen potenziell malignen Veränderungen (OPMD) im Laufe der Zeit entarten.3,4 Gegebenenfalls ist weitere Diagnostik, wie z.B. eine Biopsie, zur weiteren Einordnung angezeigt.3

Betroffene sollten bei einem Spezialisten in ein festes Recall-Schema eingebunden werden. Dieses sieht wie folgt aus:

4. Risikofaktoren für Kopf-Hals-Tumore

Neben Rauchen und Alkoholkonsum können auch eine Reihe von anderen Risikofaktoren Einfluss auf die Entstehung von Kopf-Hals-Tumoren haben.2,5

20 seconds can save lives test broshure

Weitere Informationen zur Früherkennung von Kopf-Hals-Tumoren finden Sie in der Infobroschüre «20 Sekunden können Leben retten».

5. Die Experten der Kampagne

Die Kampagne «20 Sekunden können Leben retten» wurde in Zusammenarbeit mit den Experten Prof. Dr. Dr. Urs Müller-Richter und Prof. Dr. Simon Laban in Deutschland lanciert.

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Prof. Dr. Dr. Urs Müller-Richter

Prof. Dr. Dr. Urs Müller-Richter ist Arzt und Zahnarzt sowie Facharzt für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie an der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie des Uniklinikums Würzburg. Darüber hinaus ist er Oberarzt in leitender Funktion für onkologische Therapien bei Kopf-Hals-Tumoren und fungiert als Koordinator der Kopf-Hals-Onkologie am Comprehensive Cancer Center Mainfranken.

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Prof. Dr. Simon Laban

Prof. Dr. Simon Laban ist Oberarzt und Leiter der Kopf-Hals-Tumortherapie der interdisziplinären onkologischen Tagesklinik am Universitätsklinikum Ulm, Leiter der Studienzentrale für Kopf-Hals-Tumoren des CCCU (Comprehensive Cancer Center Ulm) sowie Leiter des Qualitätszirkels Klinische Studien des CCCU.

Referenzen

  1. Robert Koch-Institut (RKI). Krebs in Deutschland für ⁠2017/2018 2020, eingesehen am 27.2.2025. Available from: URL: https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_2021/krebs_in_deutschland_2021.pdf?__blob=publicationFile.
  2. Leitlinienprogramm Onkologie [Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF]. S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie des Mundhöhlenkarzinoms. Langversion 3.0. – März 2021. AWMF-Registernummer: 007/100OL, eingesehen am 27.2.2025. Available from URL: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/007-100OLl_S3-Diagnostik-Therapie-Mundhoehlenkarzinom_2021-03.pdf.
  3. Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) (Leitlinien Zahnmedizin). S2k-Leitlinie Diagnostik und Management von Vorläuferläsionen des oralen Plattenepithelkarzinoms in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Langversion – September 2019. AWMF-Registernummer: 007-092, eingesehen am 27.2.2025. Available from: URL: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/007-092l_S2k_orale_Vorlaeuferlaesion_Plattenepithelkarzinom_2020-04_1.pdf.
  4. Gurizzan C et al. Immunotherapy for the prevention of high-risk oral disorders malignant transformation: the IMPEDE trial. BMC Cancer 2021; 21(1):561.
  5. https://www.cancer.org/cancer/types/oral-cavity-and-oropharyngeal-cancer/causes-risks-prevention/risk-factors.html, eingesehen am 27.2.2025.